#wasvikarinnensomachen — Ev.-Luth. Neustädter Marienkirche zu Bielefeld

Und jedem Anfang wohnt ein Zau­ber inne… So hat es mal ein Dich­ter auf wun­der­ba­re Wei­se zuein­an­der­ge­fügt und mit die­sen weni­gen Wor­ten eine gan­ze Sze­ne­rie gemalt. Das ers­te Mal hat für jeden Men­schen immer eine ganz beson­de­re Qua­li­tät. Es ist wie ein Frei­schuss. Spä­ter muss es sit­zen, aber beim ers­ten Mal darf man es so machen, wie man es eben kann. Nie­mand erwar­tet, dass es direkt klap­pen muss. Kein Leis­tungs­druck und doch die Chan­ce dar­auf, dass man als ein Natur­ta­lent beju­belt wird, wenn es gut läuft. Häu­ser, die man zum ers­ten Mal besucht, wird man so nie wie­der anse­hen kön­nen. Beim ers­ten Mal strah­len sie wie nie wie­der und ihr Glanz prägt sich in die Erin­ne­rung ein. Bei mei­nem klei­nen Auf­ent­halt in Ost­west­fa­len habe ich oft an die­sen dich­te­ri­schen Pin­sel­strich gedacht. Da kamen eini­ge ers­te Male zusam­men. Das wich­tigs­te vor­ne­weg: eine lie­be Freun­din hat als Vika­rin ihren ers­ten Wort­got­tes­dienst gefei­ert. #was­vi­ka­rin­nen­so­ma­chen

Kreuz — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Mein erstes Mal Bielefeld – im Frühsommer

Um das mit­zu­er­le­ben, bin ich nach Bie­le­feld gefah­ren und durf­te die­se erstaun­lich schö­ne Stadt erkun­den. Es stand alles unter dem Hash­tag #was­vi­ka­rin­nen­so­ma­chen. Sucht den mal bei Twit­ter und Insta­gram. Die machen auf jeden Fall mehr, als man so denkt. Ganz unver­se­hens war ich auf einer Spu­ren­su­che durch die Ver­gan­gen­heit mei­ner bei­den engs­ten Freun­de, die sich in Bie­le­feld ken­nen­ge­lernt und ange­freun­det haben. Ohne Bie­le­feld und die Kirch­li­che Hoch­schu­le Bethel, in der alles sei­nen Anfang nahm, hät­te ich ver­mut­lich heu­te bei­de nicht in mei­nem Leben. Und ganz sicher ist, dass ich ohne Bie­le­feld für Euch heu­te kei­nen Bei­trag schrei­ben könn­te. Tja, wo ich jetzt genau dar­über nach­den­ke, ich wäre nicht ein­mal der Fuchs. Denn mei­nen Namen erhielt ich von den beiden.

Marienfigur am Hauptportal — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Was heißt eigentlich Vikariat?

Viel­leicht war es längst ein­mal an der Zeit, dass ich nach Bie­le­feld fah­re. Doch am bes­ten fan­ge ich vor­ne an. Jede Kon­fes­si­on hat ihren eige­nen pas­to­ra­len Aus­bil­dungs­weg, der sich meis­tens an ein theo­lo­gi­sches Stu­di­um anschließt. Für die evan­ge­li­schen Kir­chen heißt das, dass auf das Stu­di­um der Vor­be­rei­tungs­dienst folgt, den man auch Vika­ri­at nennt. Wäh­rend die­ser Zeit wer­den die Vika­re zum einen in Schu­le und Kir­chen­ge­mein­de pra­xis­nah unter­rich­tet und zum ande­ren haben sie im Pre­di­ger­se­mi­nar, das sie nach jeder Pra­xis­pha­se besu­chen, immer wie­der die Mög­lich­keit die gemach­ten Erfah­run­gen zu reflek­tie­ren. Die Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung eige­ner Got­tes­diens­te gehört bei­spiels­wei­se zu den Erfah­run­gen, die alle Vika­re irgend­wann ein­mal machen müs­sen. Und ich schrei­be ganz bewusst müs­sen, denn das scheint eine heik­le und bis­wei­len auf­re­gen­de Sache zu sein.

Fenster — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Zwei Dimensionen liturgischer Handlung

Im Unter­schied zu vie­len ande­ren mei­ner Bei­trä­ge und Aben­teu­er hat­te ich das Glück die­ses mal sehr nah bei der Vor­be­rei­tung und den letz­ten Fein­schlif­fen dabei sein zu dür­fen. Für den evan­ge­li­schen Got­tes­dienst, der ja gemein­hin ein eher frei­er und indi­vi­du­ell-gefüll­ter Wort­kör­per ist, muss­te ich ande­re Maß­stä­be anle­gen als bei For­men, die lit­ur­gisch reich aus­ge­stal­tet sind. Ich den­ke, das ist wich­tig, zu erwähnen.

Detail Bank — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Und hier schei­nen die zwei Dimen­sio­nen jeder lit­ur­gi­schen Hand­lung auf, die je ihr Recht ein­for­dern. Die Ebe­ne der Tran­szen­denz, die die Gren­zen der Welt außer Acht lässt, will allen Men­schen Garant sein, zu der Einen Kir­che zu gehö­ren, die unser Herr Jesus Chris­tus im Feu­er­bad des Hei­li­gen Geis­tes gegrün­det hat. Die Ebe­ne der Imma­nenz auf der ande­ren Sei­te, die die welt­ver­ges­se­nen Tra­di­tio­nen hint­an stellt und mit Haut und Haar in das Hier und Jetzt ein­taucht, will alle Men­schen in den je eige­nen Wor­ten ver­ste­hen las­sen, was es mit Jesus auf sich hat. In der lit­ur­gi­schen Land­schaft ist es üblich, dass sich Ver­tre­ter bei­der Frak­tio­nen hart bekrie­gen. Ins­ge­heim glau­be ich, dass bei­de Ebe­nen nicht gegen­ein­an­der aus­ge­spielt wer­den soll­ten, weil es bei­der bedarf um die Eine Kir­che Jesu Chris­ti sich auf­er­bau­en zu lassen.

Das erste Mal - Himmel über Bielefeld

#wasvikarinnensomachen — Einführung in den Gottesdienst auf dem Balkon

Ich gebe es zu: Für mich war es ein Wochen­end­ur­laub. Unse­re Vika­rin bewohnt näm­lich eine klei­ne Dach­ge­schoss­woh­nung mit­ten in Bie­le­feld und sie hat einen wirk­lich groß­ar­ti­gen Bal­kon. Das gehört zu den Din­gen, die mir in mei­ner eige­nen Woh­nung am meis­ten feh­len. Umso mehr genoss ich dort mit ihr zu sit­zen und ihr zuzu­hö­ren, wie sie mir von ihrem Pro­jekt, das ers­te Mal Pre­digt­got­tes­dienst, erzähl­te. Natür­lich hat­te ich sie gefragt, was sie sich von ihrem Got­tes­dienst erhofft. Und die Ant­wort fiel sehr deut­lich aus: dass es nicht ihr Got­tes­dienst ist, son­dern der Got­tes­dienst der Gemein­de wird.

Ich wün­sche mir, ein Stück Him­mel möge auf­schei­nen für jeden dort, wo er es schau­en kann.“, und sie setz­te lachend nach, „um Got­tes Wil­len nicht in der Predigt.“

(Ja, auch nach neu­em Daten­schutz darf ich das schrei­ben. Ich hab‘ sie gefragt!)

Detail Kanzel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Wenn ich das vor­weg neh­men darf, die Pre­digt bot aller­dings viel Raum, dass zwi­schen den Zei­len Him­mel auf­schei­nen konn­te. Es äußer­te sich dar­in eben ihr Wunsch, dass die Fei­er des Got­tes­diens­tes nicht in eine Selbst­dar­stel­lung à la Allein­un­ter­hal­tung nach Gott­schalk abglei­ten soll­te. Nein, das Evan­ge­li­um zu ver­kün­di­gen, hat­te sie sich auf den Weg gemacht. Ihr eige­nes Tun soll­te „ein Dienst in alle Rich­tun­gen“ sein. Das beein­druck­te mich sehr. Und den­noch muss­te ich schmun­zeln, als sie lachend fragte:

Meinst Du, ich darf mich jetzt freu­en, dass ich mei­ne Pre­digt nicht ganz doof finde?“

Aber klar! Es wäre doch schlimm, wenn man sich mit einer halb­fer­ti­gen Qua­li­tät der Pre­digt zufrie­den geben wür­de. Und doch offen­bart es viel von der Demut, mit der sie ihre Auf­ga­be in der Evan­ge­lisch-Luthe­ri­schen Neu­städ­ter Mari­en­kir­che zu Bie­le­feld wahr­nimmt. (Ein Name, der so über­lang ist, wie die Tür­me für das Kirch­ge­bäu­de der ehe­ma­li­gen Stifts­kir­che zu sein scheinen.)

Türme — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Evangelisch-Lutherische Neustädter Marienkirche zu Bielefeld

Als­bald nach der Vor­be­spre­chung muss­te unse­re Vika­rin noch ein­mal zur Kir­che und ich war natür­lich gespannt, den Ort des Gesche­hens zum ers­ten Mal von innen zu sehen. Denn so hat­te ich Gele­gen­heit eini­ge Fotos zu schie­ßen. Als wir nach einem Spa­zier­gang von einer Vier­tel­stun­de anka­men und die Lut­ter über­quer­ten — so heißt pas­sen­der­wei­se der klei­ne Bach, der vor der Kir­che fließt —, stand die Kir­che mäch­tig vor mir. Sie ist im Stil einer Hal­len­kir­che west­fä­li­scher Gotik erbaut, wenn man so will. Um 1300 ent­stan­den das Lang­schiff und Hoher Chor. Durch das Haupt­por­tal ist es heu­te nicht mehr so leicht ein­zu­tre­ten, weil die neu­ge­bau­te Orgel dort ihren Platz gefun­den hat. Kuri­os. Es ist natür­lich kein unglaub­li­ches Hin­der­nis, aber man merkt doch, dass die Kir­chen­mu­sik hier einen zen­tra­len Platz ein­neh­men soll.

Die neue Orgel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Gewölbe — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Das Mari­enr­e­ta­bel im Osten ist heu­te ein­ge­rahmt von Figu­ren des mitt­ler­wei­le abge­tra­ge­nen Lett­ners. Ich wür­de zu ger­ne mal eine Kir­che des christ­li­chen Wes­tens sehen, in der der Lett­ner noch in Gebrauch ist. Die ein­zel­nen Bil­der des Reta­bels haben mich sofort in ihren Bann gezo­gen. Sie erin­ner­ten mich durch ihre Zusam­men­set­zung stark an Iko­nen. Im Ver­bund mit den Figu­ren des Lett­ners, die aus der Köl­ner Dom­bau­hüt­te nahe mei­ner rhei­ni­schen Hei­mat kamen, hat­te ich das Emp­fin­den, dass die gesam­te Got­tes­dienst­ge­mein­de vor eine Iko­no­sta­se gesetzt ist, von wel­cher der himm­li­sche Glanz her aufscheint.

Retabel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Der Volks­al­tar, der heu­te vor den Hohen Chor gestellt ist, scheint da nur unvoll­kom­men die Stel­le ein­zu­neh­men, die die archi­tek­to­ni­sche und gesamt­künst­le­ri­sche Gestalt der Kir­che für sich ein­for­dert. Wann war eigent­lich der Zeit­punkt gekom­men, dass der Mensch sich so selt­sam zwie­späl­tig mit der Kunst in den Got­tes­häu­sern, die sei­ne Vor­fah­ren errich­tet haben, aus­ein­an­der­setz­te? Die Umdeu­tun­gen und Neu­in­ter­pre­ta­tio­nen erschlie­ßen sich mir vor dem his­to­ri­schen Hin­ter­grund oft nicht so recht. Aber das ist mir ja in der Reichs­ab­tei Prüm auch schon nicht so ganz aufgegangen.

Abgetragener Lettner — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Das erste Mal in der Marienkirche

An dem Wochen­en­de, an dem das ers­te Mal statt­fin­den soll­te, kam ich auch zum ers­ten Mal bewusst in Kon­takt mit der HuK. Die­se öku­me­ni­sche Arbeits­grup­pe fei­er­te anschei­nend ein Jubi­lä­um und da ein Pfar­rer von Neu­städ­ter Mari­en sich für sie beson­ders ein­ge­setzt hat­te, stan­den also im gesam­ten Lang­schiff Dis­plays mit den Schrift­zü­gen und Lebens- und anschei­nend oft Lei­dens­ge­schich­ten von Men­schen aus aller Welt. Die­se Ban­ner ver­lang­ten natür­lich mit Macht nach Auf­merk­sam­keit. Unse­re Vika­rin hat­te sich im Vor­hin­ein fast schon ent­schul­digt, dass das Jubi­lä­um jetzt anstünde.

Huk — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Ich sah zwar kei­nen Grund für eine Ent­schul­di­gung, brauch­te aber doch ein wenig mehr Zeit als sonst, um mich auf den Raum ein­zu­las­sen. Denn ein lit­ur­gi­scher Raum will immer anders wahr­ge­nom­men wer­den, als welt­li­che oder auch musea­le Räu­me. Kir­chen sind Gebrauchs- und Arbeits­räu­me Got­tes. Wer sol­che Dis­plays auf­stellt, ver­än­dert den Cha­rak­ter der Kir­che zu einem Aus­stel­lungs­raum. Ich ver­such­te also mir die Dis­plays wegzudenken.

Grafengrab — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Schließ­lich erin­ner­te mich das Grab des Gra­fen Otto III. von Ravens­berg an den Ursprung der Stifts­kir­che. Als die Gra­fen von Ravens­berg Bie­le­feld Anfang des 13. Jahr­hun­derts grün­de­ten, stif­te­ten sie ein Kano­ni­ker­ka­pi­tel, das sie mit dem Gebets­dienst für das Adels­haus beauf­trag­ten. Die­sem Dienst nach­zu­kom­men, hat­te man die Kir­che erbaut und ab Ende des 13. Jahr­hun­derts war sie bereits die Grab­le­ge der Gra­fen. Geweiht waren Kir­che und Hoher Chor der Got­tes­mut­ter Maria und dem Hei­li­gen Georg.

Epitaph — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Die Geschich­te vie­ler Men­schen durch die Jahr­hun­der­te hin­durch haben ihre Spu­ren hin­ter­las­sen. Ich betrach­te­te das Epi­taph des Dros­ten und sei­ner Frau und ihrer früh ver­stor­be­nen Kin­der. Sah auch noch­mal auf das Grab des Stif­ter­ehe­paa­res. Und als ich mich dann umdreh­te, fiel mir zum ers­ten Mal die Kan­zel wirk­lich bewusst ins Auge, die ich bis­her eher bei­läu­fig betrach­tet hatte.

Kanzel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Detail Kanzel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Das erste Mal auf der Kanzel

Die Kan­zel ist neben der nahe­zu schmuck­lo­sen Altar­in­sel hand­werk­lich beson­ders auf­wen­dig gestal­tet. Nach­dem man durch den Volks­al­tar die Auf­merk­sam­keit vom Hoch­al­tar abge­schnit­ten hat, ist die Kan­zel beson­ders ins Zen­trum des Gesche­hens gera­ten. Sie ist der ver­bin­den­de Punkt, auf dem das Evan­ge­li­um unse­res Herrn in immer neu­en Wor­ten dem Volk Got­tes durch die Geschich­te die­ser Welt hin­durch ver­kün­digt wird. Und sie ist dadurch gemein­sam mit dem Altar, an dem der Herr selbst im Sakra­ment zu Sei­nem Abend­mahl lädt, der Ort, der sich beson­ders an die Men­schen richtet.

Kanzelhimmel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Detail Kanzel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Der Schall­de­ckel, den man auch Kan­zel­him­mel nennt, hat­te sei­nen Namen sicher ver­dient. Beson­ders schön wirk­ten aller­dings die Bild­hau­er­ar­bei­ten an der eigent­li­chen Kan­zel. Viel­leicht ist es nur mei­ne eige­ne Unfä­hig­keit, die mich beson­ders stau­nen ließ, aber die­se beein­dru­cken­den Hand­werks­ar­bei­ten sind mir immer noch sehr gut in Erin­ne­rung. Gedreh­te Säu­len… Das ist so ziem­lich die unmög­lichs­te Form, in der ich mir Säu­len über­haupt vor­stel­len kann. Nun ja — Dort jeden­falls soll­te unse­re Vika­rin am mor­gi­gen Sonn­tag stehen.

Detail Kanzelhimmel Schalldeckel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

#wasvikarinnensomachen — Der Sonntagsgottesdienst

Als wir am Sonn­tag­mor­gen an der Kir­che anka­men, stan­den schon zwei Autos aus ihrer Hei­mat auf dem Park­platz. Fami­li­en las­sen sich sol­che Gele­gen­hei­ten im All­ge­mei­nen ja eher ungern ent­ge­hen. Das ein­zig Tröst­li­che ist, dass die Auf­re­gung auch ohne in der ers­ten Rei­he sit­zen­de Fami­lie spür­bar ist. Ich den­ke da immer an den kur­zen bibli­schen Vers, der erzählt, wie der Herr zuhau­se kei­ne Wun­der wirkte.

Detail Epitaph — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Ich blieb noch ein paar Augen­bli­cke vor der Kir­che, bevor ich mich ziem­lich weit hin­ten hin­setz­te. Die Kir­che füll­te sich nach und nach. Die Kon­fir­man­den soll­ten an die­sem Tag zum ers­ten Mal die Lesun­gen über­neh­men, ent­spre­chend vie­le waren gekommen.

Volksaltar — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Der Einzug

Die Glo­cken, dann der typisch-evan­ge­li­sche Ein­zug des Lit­ur­gen, der bekannt­lich dar­in besteht, in dem auf­fal­lend schwar­zen Talar beschämt und mög­lichst unauf­fäl­lig sich in die ers­te Rei­he zu ver­drü­cken, um nur ja kein fal­sches Amts­ver­ständ­nis aus­zu­drü­cken. (Inwie­fern auch immer man sich in der Rol­le des Lit­ur­gen eines sol­chen ent­hal­ten kann…) Der Ein­zug ließ mich jeden­falls breit schmun­zeln. „Also das klappt fürs ers­te Mal ja schon ziem­lich gut!“, dach­te ich noch grin­send, als die Orgel anhub, die Pfei­fen mit viel Getö­se pfei­fen zu lassen.

Spieltisch Orgel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Orgelprospekt — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Die Orgel

Der Orga­nist hat­te Freu­de an sei­nem Instru­ment, das merk­te man sofort. Inwie­fern dies aller­dings mit einem grü­nen Sonn­tag der Tri­ni­ta­tis­zeit, an dem ledig­lich gepre­digt wer­den soll­te, kor­re­spon­dier­te, erschloss sich mir nicht sogleich. Das klang mir eher nach modern-avant­gar­dis­ti­scher Kunst, an der ich dum­mer­wei­se zu nahe dran saß. Für Lit­ur­gi­ker ist es ganz offen­sicht­lich, dass der Kirch­bau die lit­ur­gi­sche Fei­er­ge­stalt beein­flusst. Dies scheint Kir­chen­mu­si­kern manch­mal weni­ger wich­tig zu sein.

Begrüßung — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Die Liturgie beginnt

Wohl­tu­end war da die Ruhe, mit der unse­re Vika­rin nach der Orgel vor den Altar trat, und die eigent­li­che Fei­er der Lit­ur­gie begann. Es gab natur­ge­mäß Din­ge, die mir auf­fie­len. Die­se hin­gen aber nicht an ihrer Per­son oder an dem lit­ur­gi­schen Dienst, den sie für die­sen Got­tes­dienst über­nom­men hat­te. Eher waren es Anfra­gen an die in die­ser Gemein­de anschei­nend übli­che Form des Got­tes­diens­tes. So ver­la­sen die Kon­fir­man­den, die tech­nisch sehr gut und ver­ständ­lich lasen, die Lesun­gen vom Altar aus. Die­ser Ort, den ich am ehes­ten noch mit der römi­schen Mis­sa lec­ta (Still­mes­se) ver­bin­de, ist auch im evan­ge­li­schen Bereich für die Lesun­gen durch Lek­to­ren reich­lich unüb­lich. Wie ich spä­ter erfuhr, ist der Ambo der Erwei­te­rung der Altar­in­sel zum Opfer gefal­len. Es bleibt zu hof­fen, dass dafür bald eine etwas glück­li­che­re Lösung gefun­den wird.

Detail Kanzel — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Auch das Ste­hen und Sit­zen als Rubri­ken für das lit­ur­gi­sche Ver­hal­ten der Gemein­de kamen per Wink von vorn, erschie­nen mir aber irgend­wie unaus­ge­go­ren. Ver­mut­lich hat sich dort ein Vor­gän­ger der jet­zi­gen Lit­ur­gen viel Mühe gege­ben, eine Form zu fin­den, die in sei­nen Augen sehr stim­mig war. Lei­der erklär­te sich mir die­se Indi­vi­du­al­form nicht. Ich habe es zuge­ge­ben ver­säumt, mit der Gemein­de­pfar­re­rin vor Ort zu spre­chen und sie um eine Erklä­rung zu bitten.

Predigt — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Die Predigt

Ent­ge­gen mei­ner gewöhn­li­chen Beschrei­bun­gen muss ich heu­te das Augen­merk auf die Pre­digt rich­ten, die eigent­lich für mich immer nur eine sub­jek­ti­ve Vor­stu­fe zum objek­ti­ven Wir­ken im Altar­sa­kra­ment dar­stellt. Im zwei­ten Kapi­tel des Ephe­ser stand der Pre­digt­text, den sie im Zusam­men­klang mit dem Evan­ge­li­um aus­leg­te. Eine sze­ni­sche Vor­stel­lung brei­te­te unse­re Pre­di­ge­rin vor den geis­ti­gen Augen der Gemein­de aus, die auf die Gast­freund­schaft Got­tes und das Moment des gemein­sa­men Gast­mahl des ewi­gen Lebens abziel­te. Mir gefiel die Far­big­keit ihrer Wor­te und mir kam auch etwas in den Sinn, was sie tags zuvor meinte:

Es ist schwer zu sagen, was ich mir für den Got­tes­dienst wün­sche, weil ich ja nur wenig, so wenig in der Hand habe. Und dann auf der ande­ren Sei­te umso mehr geschieht, was ich alles nicht in der Hand habe.“

Gebete — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Die Gebete

In die­ser Kir­che, die ins­be­son­de­re dem Gebets­dienst geweiht war, fie­len mir in der Spra­che unse­rer Vika­rin die Tex­te der Gebe­te auf. Es ist ja gemein­hin üblich die­se selbst zuschrei­ben. Gebe­te aus einer Agen­de oder einem Mis­sa­le zu über­neh­men, hat evan­ge­li­scher­seits eher den Bei­geschmack fader Tris­tess. Das birgt natür­lich die Gefahr, dass der Schuss kräf­tig nach hin­ten los­ge­hen kann. Aber das war hier nicht der Fall. Einer kunst­vol­len Kom­po­si­ti­on gleich waren Gebe­te im Ver­bund mit den Lie­dern auf­ein­an­der abge­stimmt. Es äußert sich dar­in eine sehr moder­ne Her­an­ge­hens­wei­se an die lit­ur­gi­sche Gestaltung.

Segen — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Geistliche Wege

Der Got­tes­dienst ende­te schließ­lich nach dem Segen wie­der mit viel Getö­se von der Orgel her. Die Gemein­de applau­dier­te. An dem Punkt fühl­te ich mich wie­der ganz ver­lo­ren. War es Bekun­dung von Begeis­te­rung oder von Erleich­te­rung, ob der Ruhe die mit einem Mal wie­der gnä­dig sich auf die Kir­che senk­te? Ich kann es nicht sagen. Es arbei­ten vie­le Men­schen an einem Got­tes­dienst und ich weiß, dass die Zusam­men­ar­beit nicht immer ein­fach ist, weil immer unter­schied­li­che Ziel­vor­stel­lun­gen mitschwingen.

Kreuz — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld

Ich mei­nes­teils war froh, dass ich die Mög­lich­keit hat­te, bei dem so wich­ti­gen Tag mit dem ers­ten Mal Pre­digt­got­tes­dienst dabei zu sein. Es hat hier ein geist­li­cher Weg eine neue Aus­for­mung gefun­den, der hof­fent­lich in sei­nem wei­te­ren Ver­lauf – was soll man einer Freun­din und lie­ben Schwes­ter von Her­zen ande­res wün­schen kön­nen? – vie­le Men­schen zum Glau­ben an Jesus Chris­tus als den Herrn der Einen Kir­che fin­den lässt. Sie ist los­ge­zo­gen, ihr Kreuz auf sich zu neh­men und dar­in dem Herrn nach­zu­fol­gen. Die­ses ers­te Mal war sicher kein letz­tes Mal. In die­sem Sin­ne, mei­ne Lie­ben: #was­vi­ka­rin­nen­so­ma­chen!

Totale — #wasvikarinnensomachen — EvLuth Neustädter Marienkirche Bielefeld