Er ist mein Sohn.
Seine Augen leuchten immer, wenn er spricht. Sie sind dann eines Glanzes voll, der mich erfüllt. Es ist die Phantasie, die sich in seinem Herzen verbergen will und dann doch aus ihm hervorbricht — der Sonne hinter Wolken gleich. Bunt und prächtig ist die Welt, die er in sich spürt. Stark, ja mächtig drängt es sprudelnd von seinen Lippen, an denen ich hänge, wie ich früher an seiner Mutter Lippen hing.
Weit ist das, was er erzählt, viel weiter als die enge Steppe.
Seine Träume heben mich aus meinen Sorgen. Sie tragen mich weit auf Flügeln, die mir die Enden der Erde zeigen wollen. Wenn er spricht, dann ist die Welt nicht mehr sandig und hart, sondern weich und wallend. Die ganze Pracht, die aus seinem Munde quillt, wallt an ihm herab bis zu den Füßen. Bunte Ströme warmer Farben rinnen golden über ihn. Sie überkleiden den zerschlissenen Stoff, der wertvoll scheinend wird wie Purpur.
Mein Herz wird leicht, wenn ich an ihn nur denke. Sein Innen leuchtet außen.
Er ist mein Sohn.
Wenn er spricht, — Ach, wenn er spricht, — Ja, wenn er spricht,
— dann arbeitet er nicht. So sehen die anderen scheel ihn an; die anderen, die auch meine Söhne sind. Wenn er spricht, dann bleibt die Arbeit liegen. So reden die anderen von ihm. Die anderen, die dafür sorgen, dass wir etwas zum essen haben. Wenn er spricht, dann reicht das nicht. So sind die anderen ohne ihn, weil sie nicht anders können. Die, die auch meine Söhne sind. Die mutigen und tapferen. Die tüchtigen und fleißigen. Die stärkeren und kräftigeren.
Dabei sind sie nur so, weil er ihnen das nicht ist.
Ich bin wie sie.
Wie diese Söhne, die ich auch liebe.
Aber diesen Einen – meinen Sohn –, den liebe ich,
weil er mir zeigt, dass mein Leben nicht so sein muss, wie es ist.
Ach, diesen Einen – meinen Sohn –, den liebe ich,
weil er nicht ist, wie ich es bin.
Ja, diesen Einen – meinen Sohn –, den liebe ich,
weil ich dank ihm, mein Leben leben kann.
Denn Er ist mein Sohn, dessen Träume ihn kleiden wie einen König.
Zu der Weise der biblischen Erzählung gehören die Leerstellen und das Schweigen. Sie haben mich seit jeher fasziniert. Über Israels Liebe zu seinem Sohn Josef und dessen Träumen habe ich darum einmal – in die Leerstelle hinein – einen Lückenbüßer zu Genesis 37 geschrieben.
Bleibt behütet, dafür betet
Euer Liturgiefuchs